Wie du als Partner, Freund oder Angehöriger einem Menschen mit Angststörung wirklich helfen kannst
Jeder kennt Angst. Aber eine Angststörung? Das ist nochmal ein ganz anderes Level. Wenn du einen Menschen in deinem Umfeld hast, der darunter leidet, fühlst du dich vielleicht hilflos oder weißt nicht, wie du richtig reagieren sollst. Kein Wunder, denn gut gemeinte Ratschläge wie „Reiß dich doch mal zusammen“ oder „Da passiert doch nichts“ helfen nicht – im Gegenteil, sie können alles nur schlimmer machen. Hier erfährst du, was wirklich hilft und was du besser vermeiden solltest.
1. Verstehen, dass Angst nicht rational ist
Der größte Fehler, den viele machen: Sie versuchen, die Angst logisch wegzuerklären. „Fliegen ist doch sicher“, „Der Fahrstuhl wird nicht abstürzen“, „Der Vortrag wird bestimmt gut laufen“. Das Problem? Angststörungen folgen keiner Logik. Es geht nicht darum, ob etwas realistisch ist oder nicht – die Angst ist einfach da. Also: Versuch nicht, den Betroffenen mit Fakten zu beruhigen. Es bringt nichts.
2. Sei einfach da – ohne zu drängen
Menschen mit Angststörungen brauchen oft das Gefühl von Sicherheit. Und das bedeutet nicht, dass du die Probleme für sie lösen sollst, sondern dass sie wissen: Du bist da. Das allein kann schon helfen. Einfach ein „Ich bin bei dir“ oder „Ich begleite dich, wenn du willst“ kann mehr bewirken als tausend rationale Argumente.
3. Vermeide Druck und Ultimaten
„Jetzt stell dich nicht so an!“ – ein Satz, der so ziemlich alles schlimmer macht. Angst ist keine Entscheidung. Es ist keine Charakterschwäche oder Faulheit. Wenn du jemanden unter Druck setzt („Wenn du nicht mitkommst, gehe ich ohne dich!“), löst das nur noch mehr Stress aus. Gib stattdessen Unterstützung: „Wenn du soweit bist, gehen wir gemeinsam.“
4. Frag nach, was wirklich hilft
Jeder Mensch mit einer Angststörung tickt anders. Manche brauchen Ablenkung, andere jemanden, der ruhig mit ihnen spricht, wieder andere möchten einfach nur wissen, dass du in der Nähe bist. Also frag konkret nach: „Wie kann ich dir helfen, wenn es dir schlecht geht?“ – so zeigt sich, dass du wirklich verstehst und unterstützen willst.
5. Unterstütze keine Vermeidung
So sehr du helfen willst: Vermeidung ist keine Lösung. Wenn jemand mit Angststörung ständig Situationen vermeidet, in denen Angst auftritt, wird die Angst größer. Es kann verlockend sein, nachzugeben („Okay, dann gehen wir halt nicht zum Familienfest“), aber das verstärkt langfristig die Angst. Unterstütze lieber dabei, kleine Schritte zu gehen, anstatt der Angst immer auszuweichen.
6. Bleib geduldig – auch wenn es schwerfällt
Ja, es kann anstrengend sein, immer wieder dieselben Gespräche zu führen oder zu sehen, wie jemand scheinbar grundlos leidet. Aber Geduld ist das A und O. Niemand entscheidet sich freiwillig für eine Angststörung. Deine Unterstützung, auch wenn sie nicht sofort Erfolge zeigt, bedeutet der Person mehr, als du denkst.
7. Ermutige, aber zwinge nicht
Menschen mit Angststörungen müssen sich ihren Ängsten stellen – aber in ihrem Tempo. Du kannst motivieren, aber nicht drängen. „Ich glaube an dich, du schaffst das“ ist hilfreich. „Jetzt mach’s einfach!“ eher nicht.
8. Sekundärer Krankheitsgewinn – Achte auf unbewusste Mechanismen
Manchmal bringt eine Angststörung auch unbewusst Vorteile mit sich, zum Beispiel mehr Aufmerksamkeit oder Schonung. Das ist keine Absicht, sondern ein psychologischer Mechanismus. Wenn du merkst, dass jemand aus Angst Situationen vermeidet und gleichzeitig Vorteile daraus zieht, kann das langfristig problematisch werden. Unterstütze daher eher die Bewältigung der Angst, anstatt unbewusst Muster zu verstärken, die zur Vermeidung führen.
9. Informiere dich über Angststörungen
Je mehr du darüber weißt, desto besser kannst du helfen. Lies darüber, sprich mit Experten oder hör dir Erfahrungsberichte an. Es hilft ungemein, zu verstehen, wie Angst funktioniert.
10. Denk auch an dich
Ja, du willst helfen – aber du darfst dich nicht selbst dabei verlieren. Setz Grenzen, wenn du merkst, dass es dir zu viel wird. Du kannst da sein, aber du bist nicht für die Heilung verantwortlich.
Fazit: Angststörungen sind kein Hirngespinst, sondern eine echte Belastung. Und als Freund oder Angehöriger kannst du viel bewirken, wenn du mit Geduld, Verständnis und ohne Druck unterstützt. Einfach da sein, zuhören, nachfragen – das macht den größten Unterschied. Und wenn du merkst, dass die Person allein nicht weiterkommt, dann hilf dabei, professionelle Hilfe in Betracht zu ziehen.
Du bist wichtig – für dich und für den Menschen, dem du helfen möchtest. Bleib dran, aber vergiss dich selbst nicht.